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Ziischtigsclub

Gegen Ende der 1980er-Jahre verschwand die Bahnmeisterei Bauma, die bisher das alte Lokomotivdepot in Beschlag genommen hatte. Die SBB tolerierte vom damals erst seit zehn Jahren aktiven DVZO nur das Einstellen der kalten Dampflok und ab 1987 noch der Elektrolok. Die Wagenrevision hingegen fand unter der Leitung von Köbi Keller an Samstagen im Freien statt, mit dem ausgegleisten Gepäckwagen F 201 als Werkstatt.

Es dauerte nicht lange, bis Ideen zur Füllung des Vakuums auftauchten und sogleich in die Tat umgesetzt wurden.

Von der SBB konnte jetzt ein ganzer Lokomotivstand à 40 Meter gedecktem Gleis gemietet werden. Das andere Gleis diente offiziell immer noch der Bahnmeisterei Winterthur zur Abstellung des Schneepflugs und zum Schmieren des Stationstraktors. Einige initiative Aktivmitglieder waren sodann der Meinung, dass die Anlagen mit 4 monatlichen Einsatztagen etwas schlecht ausgelastet seien, zudem bestanden neue Vorstellungen über das Portefeuille einer Wagenrevision. Bisher galt strikte Aufgabenteilung: Die Abteilung Zugförderung und Werkstätten der SBB war für die technischen Arbeiten am Untergestell zuständig, die DVZO-Wagengruppe für die Kosmetik der Inneneinrichtung.

Am Vereinsausflug im Mai 1989, der zur nahen Forchbahn führte, beschlossen Kurt Wild, Rolf Gehrig, Gerold Luley, Willy Ulmer, Dominik Lüthi und noch ein paar andere Kollegen, sich jeweils am Dienstagabend im Depot Bauma vertieft den Wagen zu widmen und als „Ziischtigsclub“ neu auch technische Revisionen durchzuführen (nicht nur der Name wurde der damaligen Diskussionssendung am Schweizer Fernsehen DRS entlehnt, sondern auch die meist mehrstündigen Gesprächsrunden im Anschluss an den Arbeitseinsatz). Parallel dazu richteten Walter Braunschweiler, Joggi Schaufelberger und Theo Egli in jahrelanger Kleinarbeit jeweils Dienstagnachmittags eine schliesslich recht ansehnliche Werkstatt ein.


Als erstes wurde der abgestellte Sihltaler C 108 einer knapp anderthalbjährigen Totalrevision unterzogen, gleich darauf genoss der C 107 dieselbe Kur. Natürlich gab es allerhand Ideen, mit welchen Produktionsmitteln der Verein darüber hinaus zusätzlich zu beglücken sei, und zwar unabhängig von einer nachhaltigen Ressourcenplanung, geschweige denn der Meinung des Vorstands, ganz nach dem Motto „wer macht, hat Macht“. So entstand z.B. aus einem von der SBB übernommenen Wrack die „Rosine“, eine 1.5 Tonnen schwere Motordraisine für leichten Rangierdienst und Inspektionsfahrten auf der Strecke. Darüber hinaus wurde das Depot für die eigenen Zwecke angepasst, es entstanden mit teilweise sehr improvisierten Mitteln die Malerei, eine Garderobe mit Dusche, ein Lagerboden, die Schreinerei und ein Aufenthaltsraum. Die SBB war mit dem Aufenthaltsraum für das Zugpersonal nur noch bis 1994 präsent.

Nachdem die ersten Werke so flott von Statten gegangen waren, fühlte man sich 1994 fit für die Hauptrevision des BC 151 (heute WR 151), eines völlig verrotteten Holzkastenwagens der ehemaligen Seethalbahn. Dieser Hosenlupf war dann aber doch etwas schwer und konnte nur dank der Mithilfe des mittlerweilen in Uster entstandenen zweiten „Ziischtigsclubs“ nach sieben mühsamen Jahren abgeschlossen werden. Den Lead in der Überholung des Wagenparks übernahm darauf zwar Uster, aber in Bauma wurden doch auch immer wieder kleinere und grössere Arbeiten durchgeführt, so etwa die Hauptrevision des C 105, des F 204, des C 6074 alias 6109 und des C4 152 alias 9394. Unter der Leitung von Jürgen Rakow, Daniel Rutschmann und Hans Appenzeller entstanden auch einige wunderschöne Güterfahrzeuge, so die Kranwagengruppe, der „Walder Bierwagen“ und der Shell-Kesselwagen.

Zunehmend liegt das Depot Bauma im Spannungsfeld von Technik, Betrieb, Infrastruktur und Immobilien, die alle ihre konstanten Bedürfnisse nach Mannes- und Frauenkraft haben. Für den Chef (bzw. den, der sich gerade dafür hält) war und ist es nicht immer einfach, Prioritäten zu setzen und alle Bedürfnisse auf ein Mal zu befriedigen. Trotz den gelegentlich daraus resultierenden Spannungen ist die aktivistische Konstanz und die soziale Attraktivität dieses Tummelfelds auch für junge Mitarbeiter dennoch bis heute ungebrochen.


Zu Beginn des „Ziischtigsclubs“ waren so zwischen die 6 und 9 Aktive am Arbeiten, während Sitzungen des Vereinskaders auch mal nur 2 oder 3. Sie trafen sich um 19.00 Uhr, nachdem die einen im „Frohsinn“ gemeinsam Z’nacht gegessen hatten. Gearbeitet wurde bis exakt 21.30 Uhr, dann gab es im Aufenthaltsraum (dem heutigen Schrauben- und Elektromagazin) einen Filterkaffee aus Familie Luleys Küche oder ein Boxer-Bier aus dem Harass, manchmal auch ein Gläsli Roten aus der Banktruhe. In der Regel dauerte diese Runde so bis 23.00 Uhr, gelegentlich bis tief in die Nacht, wenn jemandem grad eine total geniale Idee gekommen war und man diese bis in alle Details durchsprechen musste.

Heute kommen bis zu 15 Leute, einige davon arbeiten nur hier mit, andere sind auch in weiteren Ressorts tätig. Die meisten treffen bereits zwischen 17 und 18 Uhr (oder noch früher) ein und gehen dann gemeinsam zum Znacht am langen Tisch im „Bahnhöfli“, der an manchen Abenden doch zu klein ist. Ab ungefähr 19 Uhr – der Chef drängt zum Aufbruch – wird gearbeitet, aber viele machen sich ab 20.30 Uhr schon wieder auf den Heimweg. Meist sind es nur noch wenige, die sich nach gelegentlichem Arbeitsschluss um ca. 22 Uhr noch im Rottenwagen ein Bier holen um im Bahndienstmagazin ein wenig zu verweilen.

Über all die Jahre wurden im „Ziischtigsclub“ um die 40’000 Arbeitsstunden geleistet. Dafür sei an dieser Stelle allen der rund 50 ehemaligen und immer-noch-Aktiven der letzten 25 Jahre ganz herzlich gedankt.


Weisch no …

… wie Rolf Gehrig und Willy Ulmer im Sommer 1991 die beiden Prellböcke aus massivem Beton und eingegossenem Alteisen an einem Nachmittag entfernen wollten und man dafür schliesslich einige Tagesschichten eines Abbruchunternehmers brauchte?

… wie unter der Leitung von Aldo Pozzi im August 1991 der verkrümmte Triebzapfen der Ed3/3 401 wieder grad gerichtet wurde, wie der damalige technische Leiter mit den Worten „das ganze Oberland weiss von dieser Aktion, nur ich nicht – und die SBB wird das sowieso nie akzeptieren“ reingeplatzt kam, wie nur zurückkam „warum bist da dann hier?“ und „der Chef Zugförderung und Werkstätten drückt uns heute Abend beide Daumen!“ und wie der technische Leiter darauf verschwand und nie mehr im Amt gesehen wurde?

.. wie nach Wegfall der Arbeiter-Spätschicht im SBB-Stationsdienst die Depot-Manöver jeweils selber mit der „Rosine“ ausgeführt wurden, mit langer Zugstange und bedienter Handbremse…?

… wie Mitte der 90er-Jahre ein ausrangierter BT-Vierachser zum Aufenthalts- und Kurslokal umgebaut werden sollte, nach einem halben Jahr intensiver Arbeit mit grösseren Investitionen aufs Abstellgleis und schliesslich nach weiteren Jahren auf den Schrottplatz gestellt wurde?

… wie der im Februar 1994 leider allzufrüh verstorbene Landwirt Jakob Hürlimann aus Bäretswil als einziger mit dem Sozialfall „Soso“ zu Rande kam und als Begründung dafür nur erwähnte, zu Hause auf dem Hof rede er doch auch mit dem Vieh…?

… wie viele „Kometen“ (sie tauchen auf, leuchten hell und spektakulär, dann verschwinden sie bald wieder still auf Nimmerwiedersehen) und „Helikopter“ (sie schwirren mit Getöse heran, wirbeln Staub auf und verschwinden mit Getöse ebenso schnell wieder) wir in all den Jahren gesehen haben?