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Unser Rottenwagen

DVZO Rottenwagen

Unser Rottenwagen

Einblick – Rückblick (und Ausblick?)

Auf Beginn der Saison 2021 gibt Monika Bieri nach 10 Jahren Tätigkeit die Rottenwagen-Verwaltung ab. Gelegenheit zurückzuschauen und Danke zu sagen für die kulinarische Prägung einer eisenbahnvereinskulturellen Epoche.

Die Geschichte der Rottenwagen ist an der drittletzten Station auf dem Depot-Rundgang «Eisenbahn-Zeitreise» beschrieben. Manche Jahrzehnte prägten diese Fahrzeuge die interne Betriebskultur der SBB. Der DVZO jedoch war in seinen ersten Jahren zunächst gezwungen, sich mit einem ausrangierten Dreiachs-Postwagen zu behelfen, wo unter dem Oberlicht zwischen die alten Sortiertische und -fächer eine Küche reingebastelt wurde. Damals gab es am Fahrsonntag eine ziemlich lange Mittagspause, welche die ganze «Blaatere» bei Rottenköchin Margrit Heller, der Gattin des Lokführers und Ressortleiters Loktechnik Max, zu verbringen pflegte. Einblick in diese weit zurückliegende Zeit gibt der untenstehende Film von Kaspar Kirchgraber ab der Minute 10:26. Gegen 1990 wurde der zuhinterst im Bahnhof abgestellte hölzerne Z3i dann stets revisionsfälliger und war schliesslich nicht mehr zu gebrauchen. Wenn grad ein moderner X3 der Rotten Winterthur, Rüti oder Rapperswil in Bauma stationiert war und Kurt Wild den Bahnmeister lieb fragte, durften er und sein Heidi gelegentlich dort drin ein währschaftes Z’mittag für die Meute kochen. Sonst aber gewöhnte man sich daran, die Pause in der Perronbeiz, in einem Baumer Restaurant oder im Erstklassabteil eines Seetalers zu verbringen, mehr und mehr streng nach Funktionen und Hierarchien getrennt.

Mit der Bahnreform beschloss die SBB, sich mittelfristig von den Rottenwagen zu trennen. Nicht nur änderten sich die Essgewohnheiten und Ansprüche der zunehmend multikulturellen Fahrbahn-Arbeiterschaft, es gab im Zuge der «Aktion Weichenklau» auch immer weniger Möglichkeiten, ein solches Fahrzeug genügend nahe an der Arbeitsstelle zu parkieren. Als sozialer Arbeitgeber rangierte die SBB aber jeden Rottenwagen konsequent erst mit dem Pensionierungs- oder Kündigungsdatum seiner fix zugeteilten Rottenmutter aus. Um die Jahrhundertwende war als einer der ersten derjenige von Rüti ZH an der Reihe. Nachdem soeben der DVZO stolzer Eigentümer einer eigenen Strecke geworden war und mit Christoph Maag als Bahningenieur und Wisi Bischofberger als Bahnmeister zwei zupackende Männer Verantwortung für die Infrastruktur übernahmen, war die Übernahme des Rütner Rottenwagens in den Vereinsbestand selbstverständlich.

Ein Film von Kaspar Kirchgraber

Zunächst war gar nicht gross angedacht, das Fahrzeug für die Verpflegung der Betriebsmitglieder zu nutzen, vielmehr sollte es das soziale und kulturelle Zentrum einer noch aufzubauenden DVZO-Bahndienstrotte werden. Doch dieses Vorhaben dümpelte leider stets mehr oder weniger auf Sparflamme vor sich hin; der DVZO hatte es nie geschafft, etwa eine so tatkräftige Froni-Organisation zu bilden wie man sie von der Furka-Dampfbahn kennt. 6 bis 8 Mann alle paar Samstage war das höchste der Gefühle – immerhin. Jedoch war ich als Betriebsleiter bisweilen auch zupackend, und so beschoss ich eines Tages, wenigstens die alte Tradition der gemeinsamen Personalverpflegung am Fahrsonntag wieder aufleben zu lassen. Mit Bernadette Meili und Ursula Meili (zwar beide waschechte Tösstalerinnen, aber nicht miteinander verwandt) fanden sich auch sofort zwei engagierte Rottenmütter quasi alter Schule, die den hohen Erwartungen der Fahrzeug-Besitzer gerecht wurden. Man pflegte streng zu betonen, der Wagen gehöre der Infrastruktur und nicht etwa dem Betrieb!

Rottenmutter Bernadette
Rottenmutter Bernadette

Bald übernahm Helen Frauenknecht von Ursula Meili, und später schmiss Bernadette Meili den Wagen bis 2009 ganz alleine. Ebenfalls 2009 kam zu unserem Glück Monika Bieri in den Vorstand. Auch sie ganz von der zupackenden Art, übernahm sie als Aktuarin den Frauenjob in der Vereinsleitung  – man mag jetzt das klassische Geschlechterklischee bemühen – und somit die Administration und Mitgliederverwaltung. Als zu Beginn 2010 die Rottenküche mangels Engagement zu versanden drohte, füllte sie kurzentschlossen selbst die Lücke und nahm sich der Verwaltung des Rottenwagens an. In beiden Engagements hat sie, die bahnfremde Neugierige, ihre besonderen Akzente gesetzt. Das Angebot des Rottenwagens war ihr wichtig, um all den ehrenamtlich chrampfenden Aktivmitgliedern ein soziales und kulinarisches «Drüberus» als Wertschätzung zu geben. Etwas, ohne das es schon auch geht, aber das eben gerade deshalb wertvoll ist, weil es das trotzdem gibt (NB: eine gute Organisation hat stets auch einen Chef für das Unnötige). Und nicht zuletzt wird der «rote Wagen» von vielen in Bauma tätigen Vereinsmitgliedern auch zwischen den Fahrsonntagen sehr geschätzt, sei es als Sitzungszimmer, für das Feierabendbier oder auch mal als Partylokal. Als Heinzelfrauchen füllte Monika immer wieder den Bierkühlschrank und die Mineralwasservorräte auf. Unter der Woche schaute sie dafür, dass an den Fahrsonntagen weder Salz und Pfeffer noch der Kafirahm fehlten. Anders als Bernadette verteilte sie die Kochdienste an vereinsinterne und -externe begeisterte Hobbyköchinnen und -köche aller Generationen, die an den Sonntagen die 30-köpfige Belegschaft versorgten. Bisweilen gab es richtige Wettbewerbe, wer innert der 45 Minuten Essenspause das ausgefeiltere und noch mehrgängigere Menu zu präsentieren im Stande sei. Die einen top-rationell mit Feierabend vor Abfahrt letzten Dampfzuges nach Hinwil, um dort am Buffetwagen-Stammtisch d’s Apéro zu geniessen, die anderen bei Rückkunft der letzten Lok immer noch im Chaos zwischen Geschirrbergen schwimmend. Dabei waren die hungrigen Mäuler stets auch mit einfacher Kost zufrieden – Hauptsache frisch zubereitet. Verdauungstechnisch hält das eben ganz natürlich länger hin als vorbereitetes Convenience-Zeugs wie etwa Fertig-Pizza (non abiamo pizze – siamo una ristorante di categoria!). Bei strengen Einsätzen ist das nicht zu unterschätzen.

An den Fahrsonntagen war Monika um sieben Uhr früh persönlich zur Stelle, um das Frühstück zu richten und dem Verein den Puls zu spüren. Nacheinander vom Frühheizer über die ersten Lokbetreuer, die erste und dann die zweite Zugbegleitercrew machten sie die Aufwartung zu Kafi, Gipfeli, Confi und Zopf. Um halb neun erschien dann die eingeteilte Kochmannschaft und Monika konnte sich nach hinreichender Instruktion an Gasherd und -backofen mit Ausräumung aller Unklarheiten ihrem privaten Tagesprogramm widmen. Gegen Abend kam sie meistens wieder um zum Rechten zu schauen und abzurechnen, und wenn es dann und wann sehr viele Resten vom Zmittag hatte, schwang sie nochmal den Kochlöffel für einen gemeinsamen Znacht. Viel zu tun war jeweils auch im Frühling beim Rausputz und im Herbst beim Einwintern für die kalte Jahreszeit, in der es meist gegen Weihnachten hin ein grosses Technik-Fondue gab. Stets war für alles gesorgt. So flogen die Jahre dahin, und am Fahrzeug nagt schon seit längerem der Zahn der Zeit. Nach ihrem Rücktritt aus dem Vorstand anfangs 2019 nahm sich Monika noch während zwei weiteren Saisons des Rottenwagens an. Für 2021 muss sich der Verein nicht nur Gedanken machen, ob und in welcher Form die künftige Personalverpflegung stattfinden soll, sondern auch welche Infrastruktur man hierfür zur Verfügung zu stellen bereit und in der Lage ist. Aber da sollen sich jetzt andere drum sorgen. Wir sagen Monika tausend Dank für ihr wohltätiges Wirken all die Jahre!

Jürg Hauswirth


Weisch no …

… wie sich Monika eines Fahrsonntags Anfangs Juni, nachdem sie eine Woche Klassenlager in der Wildnis verbracht hatte, noch im Mai wähnte und einfach niemand zum Zmorge-Service erschien? Wie selbstverständlich dieser bereits geworden war, wurde jetzt klar. Allseits Verwunderung und ungläubige Verdatterung rund um die beiden vor sich hin kökelnden Loks herum, bis dann schliesslich Christoph Felix sich zum Voland aufmachte, die routinemässig bereitgestellten Backwaren zu holen und den Rottenwagen halt selbst zu öffnen.

… wie viele Male sich fast immer jemand an der Kafimaschine abmühte und partout nicht merken wollte, dass das Servicedisplay kein Touchscreen ist?

… die etlichen Ausflüge, wo der Rottenwagen dabei war? Sei es in Rorschach mit Seesicht, in Glarus inmitten der Berge (mehrmals), in Brugg AG unter der VL-Brücke, oder anlässlich Fabians legendärer Praxistage sowohl als Ü- wie Ukft-Objekt in Rupperswil, Meilen, Aarau oder auch mal nur in Bäretswil. Auf dem bislang letzten Ausflug des Fahrzeugs hat dann die Mittelachse in den Kurven jeweils so starke Knackgeräusche von sich gegeben, dass ihm der Wagenchef fortan in Bauma Hausarrest aufbrummte und es seither den Standplatz im «Dampfbahn-Stumpen» nicht mehr verlässt. Leider bekam es denn auch nie mehr Gelegenheit, für einen gemütlichen Zmittag auf das legendäre Gleis in Porto Ceresio geschoben zu werden.

Porto Ceresio
Porto Ceresio

… wie Andreas aus der Heimat seiner Gattin einstens Labskaus servierte und der Bäretswiler Chef-Statiönler mit seinem Elefanten-Gedächtnis dieses Angebot noch jahrelang beim Zmorge lautstark zu bejammern pflegte?

… als der CIWL-Chefkoch Alessandro in seiner Nervosität aus dem CC 20 Kilo Tomatenpüree statt Pelati mitbrachte und wir darauf hin noch jahrelang Tomatencremesuppe zur Vorspeise bekamen?

… wie der Rottenwagen für die Bähnler-Stammcrew von «Spinnen im Neuthal» gleichsam zweite Heimat und WG-Zentrum wurde?

… wie an den Fahrzeugtreffen (2005-2012, 2014, 2016-2018) in der kleinen Küche während den drei Tagen jeweils über 300 Portionen zubereitet und ausgegeben wurden? Von früh am Morgen bis spät in die Nacht wurde ein fröhliches Beisammensein gepflegt, und mit der Zeit wurden die Gäste am Samstagabend so zahlreich, dass man in den Speisewagen eines der Gastvereine wechseln musste.


Bilder aus der DZVO Sammlung

Der X3 351 auf seinem Baumer Stammplatz hinter den sieben Gleisen im „Dampfbahn-Stumpen“. Zwei „Bärner Giele“ tun sich zwischen dem zwischengelagerten Klappscheiben-Vorsignal und der petrolbefeuerten Weichenlaterne am Feierabendbier gütlich; Fahrzeugtreffen 2017

Full house am Technikerfondue im Dezember 2015.

Sogar in der Küche wurde für Köchin und Gehilfen ein Tisch improvisiert.

Alessandro, Ruedi, Pesche und Karl beim Z’mittag; Praxistag 2012 in Aarau.

Monika als Rottenmutter mit Küchengehilfe Michel, Praxistag 2012 in Aarau.

Max, Amos, Markus und Monika beim Zvieri; Fahrzeugtreffen 2014.