Neue mobile Radlast-Messeinrichtung
Bei Unterhaltsarbeiten an unseren Fahrzeugen werden jeweils verschiedene Kontrollen vorgenommen. Eine dieser Kontrollen ist die Messung der Rad-Aufstandskräfte, kurz Radlast. Damit werden die Kräfte gemessen, die von den Rädern eines Schienenfahrzeugs auf die Schienen ausgeübt werden. Um Entgleisungen und andere Unfälle zu vermeiden, muss die Radlast gleichmässig auf alle Räder verteilt sein und die Gesamtmasse des unbeladenen Fahrzeugs darf nicht zu gering sein. So darf beispielsweise bei einem Radsatz die Differenz zwischen dem linken und dem rechten Rad, bezogen auf die Gesamtlast beider Räder, nicht mehr als 5 % voneinander abweichen, damit der Wagen nicht mit der leichten Seite in einer Kurve die Spur verlässt. Darüber hinaus reduziert eine gleichmässige Verteilung der Radlasten auch den Energieverbrauch und die Abnutzung und erhöht den Fahrkomfort.
In der Vergangenheit wurden für diese Messungen mehrere Fahrzeuge zusammengenommen und mit einem Extrazug zur nächstliegenden Radlast-Messanlage nach Winterthur überführt. Dies hatte allerdings gewichtige Nachteile:
- Für die Fahrt auf dem SBB-Netz musste jeweils ein genügend starkes Zugfahrzeug mit Zugsicherung angemietet werden, was nebst Trassengebühren mit erheblichen Kosten verbunden war.
- Bedingt durch die geringe maximale Schleppgeschwindigkeit der meisten unserer Fahrzeuge können Überfuhren auf dem SBB-Netz nur nachts durchgeführt werden.
- Die Benutzung der Waage in Winterthur erfolgte aus Kostengründen ebenfalls nachts.
- Korrekturen vor Ort waren nur sehr eingeschränkt möglich.
Aus diesem Grund haben sich unsere Kollegen aus Uster auf dem Markt nach möglichen Lösungen und Lieferanten zu Miete oder Kauf einer Messeinrichtung umgesehen.
Im Herbst 2021 wurde dem DVZO von der deutschen Firma «Prodat» ein werksrevidiertes, mobiles Radlast-Messsystem RKM mit zwei Messzellen zum Kauf angeboten. Weil das Angebot zeitlich begrenzt, der Bedarf jedoch längstens ausgewiesen und eine solche Beschaffung in keinem Budget vorgesehen war, haben sich vier von Sinn und Zweck dieser Beschaffung überzeugte Vereinsmitglieder zusammengetan, um dem Verein den grösseren Teil des Kaufpreises vorzuschiessen. Damit wurde ermöglicht, das passende «Schnäppchen» zu beschaffen.
Das System Prodat® RKM besteht aus den beiden Messblöcken, die mittels eines Spreizrohres zwischen die Geleise gespannt werden. Die Stromversorgung der Kraft-Messzellen erfolgt über je einen eingebauten Akku. Die Messwerte der beiden Zellen werden über Industriefunk an eine Empfangsstation übertragen, die ihrerseits über ein USB-Kabel mit einem handelsüblichen PC verbunden wird. Auf dem Rechner ist die zugehörige Software Prodat® SO-RKM installiert.
Die Anlage wurde im Sommer 2022 geliefert, auf dem «längsten» Gleistück unseres Areals in Uster eingebaut und in Betrieb genommen. Als erstes Messobjekt diente der frisch revidierte Kohlewagen L4. An ihm wurde auch gleich der Einbau des Systems überprüft.
Im Dezember 2022 folgten die Messungen am frisch revidierten und mit einem neuen Aufbau versehenen Kühlwagen «Feldschlösschen». Dabei zeigte sich zwischen der linken und der rechten Wagenseite eine Differenz von 5 Kilo-Newton (der Wagen bringt auf der einen Seite 500 kg «mehr auf die Waage» als auf der anderen Seite). Die Nachforschung hat ergeben, dass dieses Ungleichgewicht schon vor Jahrzehnten mit dem Einbau der automatischen Zugbremse «eingebaut» wurde. Zur Korrektur wurden auf der leichteren Seite Ballast von 500 kg in Form von Eisenstreifen unten am Wagenchassis befestigt.
Seither werden alle in Uster revidierten Fahrzeuge vor Ort geprüft. In Bauma ist der künftige Standort bestimmt und wird aktuell zum Einbau der Messeinrichtung vorbereitet. Anschliessend kann unser mobiles Messsystem nach Bedarf an beiden Standorten eingesetzt werden.
Text: Andrea Lareida, Gert Nattefort