1978 – 1991: Erste Blüte und Stagnation
Nach dem Durchschneiden des obligaten Bandes durch einen ehemaligen UeBB-Zugführer gibt am 6. Mai 1978 die SBB im Bahnhof Bauma buchstäblich grünes Licht für den ersten fahrplanmässigen Dampfzug des DVZO, vorerst für diese Saison mit Endstation Bäretswil. Ergänzend zu den Glanzstücken Lok 2 und BC 4563 sind von der Rorschach-Heiden-Bergbahn zwei guterhaltene ex SBB-Zweiachser und von der Südostbahn ein Gepäckwagen von 1891 übernommen worden.
Der Betrieb erfolgt unter direkter Zuständigkeit der SBB, welche die sicherheitskritischen Funktionen Lokführer, Zugführer und Stationspersonal stellt und mit dem Bahnhofteam Bauma sowohl den Reisedienst als auch die faktische Betriebsleitung inklusive Zugformationen wahrnimmt. Der DVZO darf die Heizer, Wagenkuppler, Lokbetreuer, Kondukteure und die Verkehrskadetten beisteuern – die Niveauübergänge zwischen Bäretswil und Bauma hatten seit der Stilllegung keine Andreaskreuze mehr und sind mit Ausnahme der reinen Fusswege örtlich zu bewachen.
Der Gästezuspruch ist erfreulich, an den SBB-Billettschaltern in Bauma und Bäretswil bilden sich lange Schlangen bis auf die Strasse hinaus. Zu kaufen ist jeweils ein normales Billett zugunsten der SBB (die bis 1990 bei der Gründung des Zürcher Verkehrsverbunds (ZVV) die kommerzielle Verantwortung auch für den Busbetrieb Bauma – Wetzikon trägt) und ein Dampfzuschlag zugunsten des DVZO. Da die SBB ihre Gebäude, Gleise und Personaldienste gratis zur Verfügung stellt, lässt sich aus den Dampfzuschlägen im Lauf der Jahre ein ansehnliches Vermögen äufnen, das auch die eine und andere Investition zulässt. Weitere Rollmaterial-Akquisitionen umfassen fünf Wagen des Sihltalbahn-Museumszuges, zwei weitere Oldtimer aus Heiden, ein schmucker Gepäck- und Postwagen von der Mittelthurgau-Bahn und ein zum Buffetwagen bestimmter Rottenwagen der Emmental-Burgdorf-Thun-Bahn. Als besonderes Schmuckstück gelangt 1979 die originale UeBB-Dampflok Ed 3/4 401 von einem privaten Sammler ins Eigentum des DVZO und wird sogleich einer bis 1986 dauernden Totalrevision unterzogen.
Der Kohleneinkauf finanziert sich vollständig über den Souvenirverkauf. Dieser ist in jenen Jahren die zweitwichtigste Einnahmequelle des Vereins. Die Kinder der Aktivmitglieder werden mit Bauchladen durch den Zug geschickt, wo sie mit lustigen Sprüchen und herzigen Kulleraugen Umsatz scheffeln. Später wird der Zugverkauf als zu aufdringlich taxiert und eingestellt.
Aufgrund der positiven Erfahrungen der ersten Saison erlaubt Jakob Rutschmann im Folgejahr die Fortsetzung des Betriebs nach Hinwil, und ab der Saison 1980 gilt für die kommenden 40 Jahre der Fahrplangrundsatz «jeder 1. und 3. Sonntag von Mai bis Oktober». Grundsätzlich pendelt ein Zug drei Mal täglich hin und her, der Publikumszuspruch erfordert das Einreihen von bisweilen 8 oder 9 Wagen. Wenn die einzige Dampflok überfordert ist, hilft der SBB-Stationstraktor einer der Endbahnhöfe schieben, oder man mietet eine externe Dampflok als Verstärkung zu. Zweimal jährlich schickt Rutschmann auch den 1980 wieder in Betrieb genommenen UeBB-Dampftriebwagen CZm 1/2 31 in die alte Heimat, quasi als Entschädigung dafür, dass die SBB dieses europaweit einzigartige Museumsstück selbst behalten hat.
Letztlich aber bäckt der Verein durchwegs kleine Brötchen. Nach dem Motto des Betriebsleiters «weniger ist mehr» und mit lebhaftem Einverständnis der SBB hält man sich im Wachstum zurück. Extrafahrten auf der Hausstrecke sind grundsätzlich nur am Samstag vor einem Fahrsonntag zulässig, um den Aufwand zu minimieren. Auswärtige Fahrten werden durch die SBB nur ausnahmsweise und wenn dann bei Eigeninteresse bewilligt; Eingang in die Annalen findet insbesondere ein einwöchiger Ausflug im Herbst 1984 mit der Ed 3/4 2 auf deren ehemalige Heimatbahn Porrentruy – Bonfol in der Ajoie.
1983 vermittelt Rutschmann den Occasionskauf von drei Seetal-Wagen der SBB (2 ABi und 1 Bi). Diese Fahrzeuge sind zwar erst wenig mehr als 30 Jahre alt, machen aber mit ihren offenen Plattformen einen recht antiquierten Eindruck und wiegen mit ihren Aluminiumkästen dampflokfreundliche 20 Tonnen. Sie kommen dann und wann im Verstärkungsdienst zum Einsatz. Später zerfallen sie aber zusehends und müssen in den Nullerjahren für viel Geld asbestsaniert und entsorgt werden. Lediglich der Bi überlebt im Ramsener Zipfel und ist heute mustergültig restauriert wieder im Seetal zu Hause, und die Erstklass-Polster eines der beiden ABi befinden sich heute gut getarnt im BC 4563.
Mitte der Achtzigerjahre gründet der DVZO ein eigenes Uniformlager für die standesgemässe Einkleidung seines Zug- und Stationspersonals. Aufrufe in den SBB-Zugpersonaldepots bringen erst zainenweise, später zentnerweise weitgehend neuwertige, bisweilen gar historisch wertvolle Hosen, Hemden, Vestons, Mäntel und Mützen in den Bestand, aus dem sich auch andere Vereine und Dritte gerne beliefern lassen. Gelagert wird zunächst im früheren Güterschuppen der Station Neuthal, dann nach dessen Räumung zugunsten Wildis Bistro-Schuppen in einem SBB-Vierachser Typ «Umbau», und nach dessen asbestbedingtem Abbruch im Dachstock der Lokremise Uster.
Abgesehen von den Saisons 1986 und 1987 steht dem Betrieb durchwegs nur eine Dampflok zur Verfügung, dank engagierter Pflege immerhin mit optimaler Verfügbarkeit. Trotzdem stösst 1987 die Anschaffung der gut erhaltenen, damals erst 56-jährigen Elektrolok Be 4/4 15 von der Bodensee-Toggenburg-Bahn nicht auf ungetrübte Zustimmung im Verein. Die einen freuen sich an der willkommenen Betriebsreserve, andere entsetzt der vermeintliche Anfang vom Ende des Dampfbetriebs. Sie bekommen unrecht, und die gefällige Lok mit elektrischer Bremse wird immerhin gute 30 Jahre im aktiven Rentnerstatus als Mädchen für alles durchhalten.
Allmählich beginnt die SBB, sich aus der einen und anderen Charge zurückzuziehen. Bereits 1979 erlaubt sie, dass ehemalige Stationsbeamte für den DVZO in dieser Funktion weiterarbeiten können, und 1984 absolvieren die ersten Laien-Zugführer ihre Prüfung. 1987 wird der pensionierte Bahnmeister Bauma nicht mehr ersetzt und bald darauf die ganze Bahnmeisterei aufgehoben. Der nunmehr zuständige Winterthurer Bahnmeister überlässt zwar dem DVZO einen wesentlichen Teil des Depots, wo der DVZO bisher knapp zum Einstellen der abgekalteten Dampflok geduldet war. Im Gegenzug entfällt aber auch die abrechnungsadministrativ meist schwarz durchgeführte Instandhaltung der Strecke Bauma – Bäretswil, wo der DVZO nun zunehmend mit eigenen Mitteln für Ordnung sorgen muss. Mit einem ganz anderen Kaliber ist er in Form des Neuthaler Viadukts konfrontiert; der ewigen Achillesferse dieser Strecke. Bis Mitte der Achtzigerjahre werden die strukturellen Schäden so gravierend, dass die SBB laufend mehr Nutzungseinschränkungen verhängt und schliesslich 1986 den DVZO vor die Wahl stellt, selbst für die Sanierung zu sorgen oder sich eine andere Strecke zu suchen. Der eben erst als Heizeraspirant in den Verein eingetretene Christoph Maag, ein kantonaler Amtschef, erweist sich als Glücksfall. Dank seinen Kontakten gelingt dem Vorstand die Finanzierung.
Die Saison 1989 ist die bisher einzige mit verlängertem Parcours. Wegen Totalumbau ist der Bahnhof Hinwil für den Reiseverkehr geschlossen, und die Dampfzüge fahren durch bis Wetzikon. Sonst wird höchstens an vereinzelten Tagen wegen Unwetterschäden oder geplanten Bauarbeiten am Saisonrand ausnahmsweise nach Kollbrunn oder Wald statt Hinwil gefahren.
Aus dem Fundus der Dreharbeiten zum DRS-Dokumentarspiel «Dynamit am Simplon» übernimmt der DVZO 1990 die ex SBB-Motordraisine Dm 3632 mit einem Porsche-Motor von 1945. Der Baumer Ziischtigs-Club saniert sie in einem Akt der Insubordination gegenüber dem Vorstand, der reflexartig das heftige Missfallen der SBB-Oberen an solchem Ansinnen antizipiert. Die Zulassung kommt umgehend von ebendiesen SBB-Oberen, die ihren Spass daran haben. Bis zum Kauf des «Giraff» 1993 gelangt die Draisine des Öftern auch für Rangiermanöver mit Zugstange und bedienter Handbremse zum Einsatz, ferner für Streckeninspektionen, Feuerlöschzüge und Znünifahrten. Später steht sie zunehmend im Weg herum und gerät buchstäblich immer mehr zwischen die Puffer, bis sie Eingang in die Draisinensammlung Fricktal findet.
Eine erste eigene, wenn auch noch bescheidene Infrastruktur erhält der DVZO im selben Jahr mit dem rund 150 Meter langen Baumer «Dampfbahn-Gleis», das zwecks Abstellung allerhand Rollmaterials auf dem noch freien Stationsplanum hinter dem Schaltposten Platz findet.
In Zusammenhang mit der Einführung des ZVV 1990 wird das Fahrausweiskonzept vereinfacht. Nunmehr werden nur noch Spezialbillette abgegeben, welche den SBB- und den DVZO-Anteil inkludieren; Gäste mit Generalabonnement zahlen für die Fahrt mit dem Dampfzug nun deutlich mehr.
Mit der GV 1991 in Bubikon beginnt die Präsidentschaft von Hugo Wenger, der zuvor schon 10 Jahre das Sekretariat geführt hatte. Er löst den seit zehn Jahren tätigen Markus «Marc» Wildi ab. Technisch-betrieblich endet dieses Betriebsjahr in einer befreienden Krise. Ein schwerer, aber letztlich leicht reparierbarer Schaden am Triebwerk der einzig zur Verfügung stehenden Dampflok Ed 3/3 401 veranlasst den schlecht beratenen Vorstand im Hochsommer, den Dampfbetrieb «vorübergehend» aufzugeben und «bis auf weiteres» auf elektrischen Betrieb zu wechseln. Die bald anberaumte, erfolgreiche Reparaturaktion durch eine konspirative Gruppe lässt es im Vereinsgebälk krachen, etliche verdiente Protagonisten der Achtzigerjahre verlassen unter Protest die Szene und machen Platz für neue Kräfte.